Es ist der sechste Morgen im Club Magic Life Sarigerme. Mit Handtuch, Brillenetui und Buch bewaffnet, laufe ich die Steintreppen am Bach entlang, der in den Morgenstunden besonders friedlich plätschert, Richtung Meer. Ich bin genau nach 8 Stunden Schlaf, um 7:25 aufgewacht. Meine Batterien sind voll. Ich fühle mich wunderbar und werde automatisch nach 8 Stunden wach. Zwar stehe ich ein bisschen neben mir und manchmal auch auf dem Schlauch, aber irgendwie denke ich, so fühlt sich Erholung an. Mein Körper und mein Geist ist wie ein Haus, in dem alle Fenster und Türen offen stehen und der frische Sommerwind die muffige und stickige Luft rausbläst.
Kein böser Gedanke, keine Sorgen oder Ängste können sich gerade in meinem Kopf niederlassen, denn sofort kommt die Meeresbrise und nimmt sie mit, hinaus in den offenen Ozean, wo sie irgendwann an den Meeresgrund fallen und für immer liegen bleiben.
Sechs Tage bin ich nun schon im Club Magic Life, mein All inclusive Tempel, in dem ich meinen Erfahrungsbericht getestet habe – bin ich ein Türkei All inclusive Urlauber? Macht mir das Spaß? Oder ist es einfach nur völlig Banane? Es wird Zeit ein Fazit zu ziehen. Vor sechs Tagen hätte ich auf diese Frage mit Nein geantwortet. Jetzt brauche ich gar nichts zu antwortet, denn meine Tätigkeit verrät alles. Ich laufe mit Handtuch, Hape Kerkeling Buch und Brillenetui zum Strand um eine Liege zu belegen. Wenn Harpe Kerkeling das wüsste, würde er auf seinem Jakobsweg sofort in die nächste Kapelle rennen und für mich beten. Mir treibt es auch selbst die Schamesröte ins Gesicht, wenn ich darüber nachdenke, was ich da gerade tue, aber es geht nicht anders. Ich werde gewissermaßen von der All inclusive Gesellschaft dazu gezwungen. Ich möchte auch einmal in den 7 Tagen in einem dieser zauberhaften Himmelbetten am Strand liegen und mich wie eine Prinzessin fühlen. Also laufe ich gleich nachdem ich um 7:25 aufgewacht bin los, stehe nun vor meinem Ziel und kann es nicht fassen.
Alle 20 Betten sind mit Handtüchern belegt. Nichts ist mehr frei. Ich bin fast den Tränen nahe. Da mach ich so ein blödes Zeug, will mich wie ein Depp benehmen und es funktioniert nicht. Die Enttäuschung transformiert sich in Wut und am liebsten würde ich einmal rumlaufen und alle Handtücher einsammeln und auf einen Haufen werfen. Mit dem Haufen könnten wir dann Handtuch-Salat spielen, so wie früher im Kindergarten Schuh-Salat. Neues Spiel, neues Glück. Wer die Handtücher mit abenteuerlichen Prints von im Sonnenuntergang springenden Delfinen und Mickey Mouse unter Palmen dem richtigen Gast zuweist, bekommt ein Himmelbett, wenn nicht darf er sich auf die billigen Liegen legen. Dahin laufe ich jetzt und besetze die letzte Liege in der Billigliegen Front Row. Von den 22 Liegen ist auch nur noch eine frei. Aber irgendetwas muss ich jetzt besetzen. Ich kann nicht einfach ohne erlegte Beute wieder zurück kehren. Das würde mein All inclusive Stolz nicht überstehen.
Nachdem ich die Liege ergattert und belegt und ein bisschen Yoga am Strand gemacht habe, um mich zu beruhigen, gehe ich zum Frühstück. Sozusagen Punkt 2 auf dem Tagesplan. Ich liebe Frühstücken und bin sehr gut darin, das bis zu 90 Minuten herauszuziehen.
Frühstücken ist sozusagen mein Sport. Ich habe keine Lust bei der Hitze mit dem Mountainbike durch die Gegend zu fahren oder bei der Wassergymnastik mitzumachen. Einmal habe ich die Step Aerobic Stunde besucht. Danach war ich so knallrot im Gesicht, dass ich mich erst einmal eine Stunde im Zimmer vor die Klimaanlage stellen musste, um wieder halbwegs normal auszusehen. Das ist doch kein Urlaub, dass ist Stress. Also verbinde ich Sport mit Frühstücken und laufe sicher 5 Kilometer in den 90 Minuten vom Tisch zum Buffet und wieder zurück und das sicher 20 Mal. An den ersten Tagen ist mir das noch einfach gefallen, da die Auswahl so riesig war und ich alles testen wollte. Am dritten Tag wusste ich jedoch schon, was mich glücklich macht. Ein Laugenbrötchen mit Käse und Honig und ein Pancake mit Nutella und Banane. Dazu jeden zweiten Tag ein Omlette mit Zwiebeln, Pilzen und Käse.
Ich habe ganz vergessen, wie schön Rituale sind. Ich bin hier jetzt schon länger am Stück, als die letzten Monate in meiner Wohnung. Doch kaum bin ich dann mal irgendwo länger, schaffe ich mir meine Rituale: Aufstehen, schwimmen im Pool, frühstücken, meine Internetsucht für 60 Minuten befriedigen und dann in der Endlosschleife schwimmen im Meer, lesen, Nickerchen halten, Wassermelone essen, schwimmen, lesen, Nickerchen halten, Wassermelone essen … bis die Sonne untergeht.
Das ist der schönste Zeitpunkt am Strand. Wenn das Licht langsam absumpft, alle schon weg sind oder am Aufbrechen und ich den Strand langsam für mich alleine habe. Ich bin sehr gerne am Strand alleine und auch an Sehenswürdigkeiten. Einer der atemberaubendsten Momente, wie ich allein die Eislagune in Island gesehen habe. Deswegen dachte ich auch, Türkei All inclusive sei nichts für mich, ich mag nämlich keine anderen Urlauber. Ich mag Einheimische, das Land und seine Leute. Doch dann habe ich gemerkt, dass es hier etwas ganz anderes gibt, was mir auch so gut tut und für das es mir leicht fällt andere Urlauber zu ertragen. Es gibt hier die Sorgenlosigkeit mit dem Flugticket zusammen. Sich einfach um nichts kümmern und alles haben was man braucht und will. Das ist herrlich. Wenn ich vor die Wahl gestellt werde mit dem Rucksack durch Indien zu laufen oder zwei Wochen All inclusive Urlaub zu machen, würde ich den Rucksack und das Abenteuer nehmen, aber gerade eben ist die Sorglosigkeit so wunderbar, dass ich nur sagen kann, ich liebe es hier und kann mir gerade keinen besseren Ort vorstellen.
Ich muss witzigerweise feststellen, dass es einige Parallelen zwischen Hape Kerkeling auf seinem Wanderweg und meinem All inclusive Urlaub gibt. Auf der Suche nach Gott bin ich hier zwar nicht, aber wir scheinen parellel zum Lesen in ähnliche Situationen zu kommen. Gerade als ich den 2.Teil meiner All inclusive Serie veröffentlicht habe, in der es um lautstarke Nachbarn geht, die ich einfach belauschen muss, trifft Hape auf Schnabbel und als ich von der Massage im Hotelspa kam, hat Harpe seinen ersten Masseur auf dem Jakobsweg gefunden. Das sind nur zeitliche Parallelen. Ich stelle aber auch fest, dass wir gedanklich viele Gemeinsamkeiten haben und irgendwie gerade in der Phase der Rückbesinnung sind. Wie es mit Hape ausgeht, weiß ich noch nicht. Bin erst auf Seite 203, aber ich merke, wie mit dem ganzen Wind, der die muffige Luft wegweht neue Energie und so viel neue Ideen kommen. Ich will ein neues Buch schreiben. Und ich würde gerne einmal Hape Kerkeling treffen. Ich glaube wir haben einiges gemeinsam, aber das denken wohl auch 50000 andere, die sein Buch gelesen haben. Trotzdem glaube ich irgendwie, dass ich ihm irgendwann kennenlernen darf.
Die Sonne ist untergegangen und der Abend ist da. Im Gegensatz zum Frühstück, bevorzuge ich beim Abendessen einen Kellner und kein Buffet. So versuche ich so gut wie jeden Abend ein A-la-Card-Restaurant zu buchen. Nicht nur wegen der atemberaubenden Aussicht, sondern auch, weil eine Buffetstimmung irgendwie die Ruhe mitnimmt und auch nicht so intensive Gespräche entstehen, wenn man ständig aufstehen und Nachschub holen muss. Ein Tisch auf der Dachterrasse, eine Flasche Wein und gute Gesellschaft, ich kann mir nichts schöneres vorstellen.
Danach lass ich die All inclusive Shows namens Aladin und Zorro aus und auch den Clubtanz am Pool und die Polonäse durch die Anlage, um direkt an die Bar oder dem Strand zu gehen. Beach Party, eine wunderbare Erfindung. Mit Sand unter den Füßen ertrage ich sogar das Fliegerlied, den Macarena Tanz und den Gagnam Style.
Das Fliegerlied am Strand ist aber fast noch absurder als in Amerika auf dem Oktoberfest. Da gab es wenigstens Bierbänke. Von 22 bis 24 Uhr werden einmal alle Songs gespielt, zu dem es irgendeine Choreo gibt. Dazu tanzt die ganze Meute und das macht sie irgendwie glücklich. Das Gemeinschaftsgefühl. Da könnte ich ja schon wieder beim Thema Festival anknüpfen. Ab Mitternacht macht die Strandbar auf und schreckliche Remixe kommen aus den Lautsprechern. Nirvana bekommt einen Bass, dass es mir fast die Schuhe auszieht, aber die habe ich schon lange nicht mehr an. Ich tanze im Sand, bis die Sonne aufgeht und hier endet auch meine Geschichte. Ich fand diese Woche wirklich toll und hatte eine Menge Spaß und das wichtigste – ich habe viel gelacht über andere und mich, denn ein bisschen blöd war ich schon. Ich habe mir All inclusive als Urlaubshölle vorgestellt und muss jetzt reumütig mit eingezogenen Schwanz ganz kleinlaut zugeben, dass ich mich total geirrt habe.
Ja, ich sehe mich hier wieder, in 10 Jahren, wenn ich Kinder habe von denen ich Erholung brauche und sie mit gutem Gewissen in die Kinderbetreung stecken kann um in Ruhe das Meer anzuglotzen und runterzukommen. Oder vielleicht auch wieder nächstes Jahr, wenn ich eine Auszeit brauche. Denn ja, ich bin runtergekommen, meine Seele ist beflügelt, durch den Kopf ist einmal eine frische Brise gezogen und mein Herz ist zwei Kilo leichter. Ganz ehrlich, was will man mehr? Und wenn ich dafür das Fliegerlied am Strand tanzen muss, mach ich das unglaublich gerne.
Blick aus meinem Hotelzimmer
Einmal Probeliegen auf dem Himmelbett
Aussicht von der Dachterrasse
Wer braucht griechischen Wein, wenn er türkischen Kuchen haben kann?
Friedlich, still und leise – der Pool
Die Wunderbar hat 24 Stunden offen
Lobby
Mein neues zuhause!
Eiskaffee
Hier frühstücke ich 90 Minuten
Vielen Dank an TUI und dem Club Magic Life Sarigerme Imperial für dieser Erfahrung. Ich habe festgestellt, dass ich mich viel zu oft irre! Türkei All inclusive ist voll was für mich!
19 Kommentare
Beim nächsten Mal einfach die Handtücher wegnehmen! Krawall & Remmidemmi dafür aber Hinmelbett! ;)
Wirklich tolle Impressionen – ich finde es jedoch bei solchen Urlauben immer sehr sehr schade, dass man sich bzw. andere Menschen sich Liegen reservieren. Das ist eine absolute Unart :(
Alle meine Kollegen und Bekannten machen All-Inclusive, nur ich bin die einzige Revoluzza. Ich buche Hotel & Flug immer alleine, mache mir eine Reiseroute und sehe AI Angebote als meine persönliche Hölle an. Urlaubszeit ist für mich die Erlebniszeit, ich kann nicht eine Woche lang am Strand liegen, da fehlen mir die vielen Abenteuer, von denen ich in der Nicht-Urlaubszeit zehre.
Alleine wenn ich morgens – so wie du – vor den besetzten Himmelbetten stehen würde, würde mich das so nerven und wütend machen, dass ich mich dort nicht wohl fühlen könnte. Für mich ist All Inclusive einfach so verurteilbehaftet, ich schäme mich fast dafür, dass ich so an die Vorurteile glaube, obwohl ich es noch nicht ausprobiert habe. Ist ja eigentlich nicht so meine Art…
Ich will aber nicht nur über AI meckern ;-) Die Anlage sieht wirklich sehr schön aus, ich kann also sehr gut verstehen, dass du dich dort wohl gefühlt hast. Sicherlich sieht man die Dinge nicht mehr so extrem, wenn man es mal ausprobiert hat, und wer weiß… vielleicht werde ich mal Mutter und dann nutze ich sicher AI Hotels, für Familien finde ich es nämlich prima. :-)
Ich bin noch immer ganz begeistert von deinem Text und den Impressionen. Aber Urlaub ist eben immer auch ein wenig einem selbst überlassen was man aus der ganzen Situation macht. Gerade deine Schilderung der Entspannung an solch Orten(wo sich die Menschen tummeln) schafft nicht jeder:). Ich finde jedocj wenn das Surrounding stimmt dann geht fast alles.
Wundervolles Fazit und tolle Fotos – die Anlage scheint wirklich sehr schön gewesen zu sein!
Nächstes Mal wenn alle Liegen besetzt sind – einfach alle Handtücher runter räumen in eine ruhige Ecke verziehen und das ganze Theater mit der Handykamera filmen und auf deinem Blog einstellen :-) Ich bin gespannt was da dann los ist.
Das wäre echt der Knaller!!!!
Ich kann das super nachvollziehen! Ich fand Urlaub auf einem Kreuzfahrtschiff immer ganz gut!
Man hat die Kombination aus AL und täglich etwas Neues sehen :) Perfekte Kombination! Vielleicht kommst du ja auch mal in den Genuss!
Für mich ist ein Urlaub auf einem Kreuzfahrtschiff die perfekte Kombination zwischen AL und rumreisen. Einerseits ist alles schon vorher geplant und man muss sich um nichts kümmern, andererseits ist man beinahe täglich an einem anderen Ort. Vielleicht kommst du ja auch bald in den Genuss eine Schiffsreise zu testen :)
Das würde ich echt nie machen! Kreuzfahrtschiffe finde ich richtig scheisse.
Auf dem Foto von den Himmelbetten liegen da doch gar keine Handtücher darauf?
Und etwas anderes:
Und als du hinkamst, war es doch noch früh, wann legen die anderen Leute ihre Handtücher da hin?
Am Abend davor? Oder bestechen sie einen Hotelmitarbeiter? Oder stehen sie wirklich so früh auf???
Das Bild habe ich abends gemacht. Die kommen erst ab 5, 6 Uhr morgens und legen das Handtuch drauf ;)
Tolle, tolle Fotos! Da wird man gleich Urlaubsreif! Das “Christine-Neder-Blumen” Bild gefällt mir am besten! ;-)
Ja das kenne ich, als ich All Urlaub machte und es genau 8 wunderschöne Himmelbetten gab, musste man diese tatsächlich bereits um 5,6 Uhr reservieren. Einmal habe ich das auch gemacht und bin so wie Du mit Handtuch, Buch und Sonnencreme, aber leicht geduckt und sehr verschämt quer über die ganze Poolanlage zu den Himmelbetten geschlichen. Auf einmal schrie eine Jungenstimme von einem der Balkone: “Aaaaalter guck mal! Die reservieren um 5 Uhr morgens die Liegen!” Aaaah war das peinlich! Und genau ein Himmelbett war noch frei, welches ich reserviert habe. Letztendlich habe ich mich dann wieder schlafen gelegt und nach einem ausgiebigen Frühstück wurde das von mir reservierte Himmelbett erst 5 Stunden später tatsächlich belegt. Was habe ich mir für einen Kopf gemacht, ob das korrekt ist. Aber es war dann doch himmlich da einmal zu liegen, wie eine Prinzessin ;)
:D Ich sag es ja, man wird irgendwie zu so einem komischen Verhalten gezwungen …
Hallo, habe gesehen dass du ganz alleine im urlaub warst und das noch in der türkei. Möchte heuer auch gerne alleine urlaub machen und wollte dich fragen ob du gearde in der türkei gar keine angst hattest? Braucht man da gar keine bedenken zu haben oder sollte man schon ein wenig aufpassen? Hast du sonst noch welche tipps für einen urlaub ganz allein?
Also ich Grunde kann man fast überall auf der Welt alleine hin! Couchsurfing ist cool, wenn du Anhang und etwas Unterhaltung suchst! Für nur Erholung eignet sich wirklich ein Cluburlaub am besten.
Hallo liebe Christine :),
ich bin gerade auf deinen Blog aufmerksam geworden und habe gesehen, dass du über das gleiche Thema bloggst, wie ich auch und zwar die Türkei.
Die Türkei ist meine 2.Heimat, ich war schon 4 Mal dort und dieses Jahr geht es wieder dorthin. Wie fandst du denn die Türkei ?
LG Sabrina
Du hast mich in deine Geschichte mit gerissen es hat in mir so eine Ruhe verbreitet 😶😶😶 wie du das alles beschrieben hast ,,,TOLL, TOLL, TOLL ,bin mir sicher das du ein wunderschöne Mensch bis und wünsche dir ein wunderschönes Leben mit weiterhin so tollen Erlebnisse.
Bleib gesund
Aurora
Schön deine Erfahrungen zu lesen (auch wenn sie jetzt schon etwas länger her sind). Aber ich bin schon so aufgeregt, vor meinem Türkei Urlaub dieses Jahr und sauge daher alle Erfahrungsberichte auf wie ein Schwamm ;). Bei mir geht’s direkt vom Flughafen Linz an den Sonnenstrand von Antalya. War schon lange in keinem all-inclusive Urlaub mehr und freue mich total, auf die bevorstehende Entspannung. Einfach treiben lassen und an nichts denken…. :) Sonnige Grüße!