Von welchem Akzent schwärmt die Mädchenwelt noch gleich, und möchte sich unbedingt einmal davon verführen lassen? Je t´aime? Ich persönlich: Not so much! Jahrelang stand ich mit der Grand Nation auf Kriegsfuß. Dabei brauchte es nur eine Bloggerreise in die Region Poitou-Charentes, um mein Herz zu erweichen.
Letztes Mal im Post “Vite, Vite à la gare” habe ich ja bereits leise verlauten lassen, dass Frankreich und ich so gar keinen guten Start hatten. Fragt mich also bitte nicht, warum ich zugestimmt habe, als Christine mich gefragt hat, ob ich für sie nach Frankreich fahren möchte. Aber ich kann euch sagen – es war genau die richtige Entscheidung.
Vier Tage lang klatsche die Region Poitou-Charentes mir eine wunderschöne Häuserfront nach der anderen ins Gesicht. Was mich generell nicht so störte – aber immer dazu führte, dass ich während den Autofahren ständig eine Vollbremsung einlegen musste, rasant in den Rückwärtsgang ging und wie ein Undercover-Ermittler halb aus dem Fenster fallend die Gegend fotografierte (also eher ein grottiger Undercover-Ermittler). Ich glaube, ich war so manch einem Anwohnern suspekt…
Im Folgenden seht ihr meine kleine Hommage an die Häuserfronten der Region Poitou-Charentes. Das nenn ich doch mal authentischen „Shabby-Chic“.
Frankreich ist die Nation, die wohl am meisten Geld für Lebensmittel ausgibt. Anfangs hatte ich den Eindruck, die Region sei etwas ärmlich. So charming das Haus auch aussah – muss da nicht mal repariert werden? Und warum sind am Tage alle Fensterläden zu? Danke, sieht fürs Foto zwar sehr schön aus – aber wohnt da etwa keiner? Ich habe mich drauf geeinigt, dass die Leute alle zum Essengehen ausgeflogen waren. Denn die Restaurants in Poitou-Charentes sind dafür immer und überall gefüllt. Egal in welcher Preisklasse oder zu welcher Tageszeit. Die Franzosen geben ihr Geld einfach lieber für gutes Essen, als ein heiles Dach überm Kopf aus. Dabei ist es wichtig anzumerken, dass man sich locker lässig im Freizeitlook ins 4 Sterne Restaurant hocken kann, ohne unangemessen aufzufallen. Der Bayer sagt: Wer ko, der ko.
Am zweiten Tag meiner Reise bekam ich einen Muschel-Overkill – was ja nur von Luxus zeugt. Ich residierte auf der Insel Ile d´Oléron! Zum Mittag gab es einen kompletten Kochtopf Miesmuscheln: Ein, wie ich leider feststellen musste, extrem mühseliger Luxus, da der Arbeitsaufwand très grand, der Mageninput hingegen très petit ist. Am Nachmittag folgten auf der preisgekrönten Austernfarm “Fonteneau les huîtres“ des Holländers Herrn Verkoven Miesmuscheln en masse. Es galt schließlich die Unterschiede zwischen den Sorten der „Claire“ (Austern aus der Region Marennes Oléron) zu erschmecken. Da gibt es nämlich die zarte „La Fine de Claire“, die Grüne „La Fine de Claire Verte“, und die Fleischigere „La Spéciale de Claire“ und „La Pousse en Claire“. In der Schule habe ich im Biounterricht mal Muscheln seziert, das ist echt Wahnsinn: die können essen und pupsen wie du und ich. Trotzdem fand ich es auf der Aufzuchtfarm etwas befremdlich, von den Muscheln wie von Tieren zu sprechen. Pflanzen die sich jetzt fort, oder reproduzieren sie sich? Naja, auf jeden Fall kleben sie ihre Eier an so Plastikscheiben…Hmmm…ich weiß ja nicht.
„Und da Kinder, da kommen die Babys raus. Öh?!“
„Wir freunden uns noch an.“
Die Insel Ile d´Oléron ist wirklich niede-lig (Achtung: Neologismus…Wortneuschöpfung)! Man fährt ja heutzutage seltenst ohne Navi – aber hier geht das noch: so viele Straßen gibt es nicht. Der Chassiron z.B., also Leuchtturm, ist ganz im Norden, ganz am Ende der Straße. „You can´t miss it“, hieß es. Gut, dass ich ihn im Süden gesucht und fast nicht gefunden hätte! Dort habe ich nämlich eine Radtour mit „Demion Cycles“ gemacht. Für die ersten 200 Meter habe ich 1 Stunde gebrauchte – es war einfach zu schön! Einige Fotos davon habe ich euch schon beim letzten Mal präsentiert – konnte einfach nicht anders.
„Penisfestival in Frankreich?“
Natürlich war bei meiner Radtour Ebbe – ich komme von der Nordsee, ich kenne das. Wenn ich da bin, ist das Wasser grundsätzlich WEG. Ich glaube Flut ist ein Mythos! Dafür war der Strand voll mit suchenden Leuten. Ich also zu jedem hin: „Hallo, was suchen sie da?“ oder auch galant auf Anfängerfranzösisch „Salut, que est-ce-que tu la cherche?“ Hier eine Auswahl an Antworten: „Des Ver(ts?)“ (ausgesprochen kann das Wort einiges bedeuten: Was Grünes? Wahlweise auch Würmer zum Angeln oder Glas. Vielleicht grünes Glas?). Auch dabei waren „Des Palloudres“ und „Des Moules“ (Meeresfrüchte zum Zuhause selber kochen, uaaah) und natürlich noch „Monnaie“ – das gute Kleingeld – ich schätze einen guten Stundenlohn von Null-Komma-Nix. Nur ganz grob gesagt, so Pi-Mal-Daumen halt…
Von der Insel ging es in das Städtchen Cognac: Hennessy ist zwar der größte Cognac-hersteller der Welt, Martell aber der älteste – und dort ging es zur Besichtigung! Obwohl die rumführende Dame arg nen Stock im Poppöchen hatte und ich mit Abstand die jüngste der Gruppe war, war das eine meiner aufschlussreichsten Führungen jemals – vielleicht auch weil es um Alkohol ging. Dafür bin ich jetzt absoluter Cognac-Kenner! Cognac setzt sich zusammen aus einigen hundert Branntweinen, die erst am Ende zusammengefügt werden – darum gibt es auf den Flaschen keine Jahrgänge.
Dabei ist der Kellermeister (“Master Blender”) wie ein Maler oder Musikant, indem er etliche verschiedene Eaux-De-Vie (also die Herzstücke) unterschiedlicher Jahrgänge und Geschmäcker zusammenfügt und Harmonien kreiert.
Altersmäßig orientiert man sich an den Abkürzungen V.S. (very special), V.S.O.P. (very superior old pale) und X.O. (extra old).
Ich als Kennerin kann euch sagen, der ganz junge Cognac kratzt im Abgang und schmeckt sehr rau. Je älter desto sanfter wird es dann. In der Region Cognac gibt es etwa 75.000 Hektar Weinanbau und 4900 Weingüter die Cognac produzieren, wobei im Jahr 2011/12 fast 170mio Flaschen exportiert wurden. Dabei konsumieren die Franzosen der Normandie eher den Jungen und die Asiaten den Alten. Probieren durfte ich einen schon unverkäuflich alten Cognac, zum Kontrast dann noch den ganz Jungen und dann noch eine ganz trendy Longdrink-Mischung mit Ginger Ale (mhjammi). Und dann ließ man mich meiner Wege torkeln… Herrenlos in einer fremden Stadt, deren Charme mein Delirium auf die Spitze treibt.
Im nächsten Teil erfahrt ihr, wo sich Frodo Beutlin mit seiner Hobbitfamilie versteckt und warum ich fast als verheiratete Frau wiedergekommen wäre… To be continued.
6 Kommentare
Trés jolie ! Grand Merci pour ces details !! ( Big thanks for this details ) ! – Dady
Da kommen doch die niedlichen Poitou-Esel her ;)
Den kenne ich gar nicht
Es gibt keine vier Sterne Restaurants. ;) Michelin Sterne gehen von 1 bis 3.
Ich gebe die Info weiter ;)