Es gab mal eine Zeit, da hatte ich einen dänischen Mitbewohner, der redete mindestens einmal am Tag vom Roskilde. Redete er einmal nicht vom Roskilde dann begeisterte er mich für neue Bands, die schon mal beim Roskilde gespielt hatten. Und so kam es also wie es kommen musste: in einer Freitagnacht um 00 Uhr schnappte ich mir meine Mitbewohnerin und Zeltzeug, füllte das Auto mit Energydrinks, Alkohol und guter Musik und machte mich auf den Weg nach Dänemark – Roskilde wir kommen.
Anders als hierzulande gewohnt, dauert das Roskilde nicht vier, sondern zarte acht Tage – mit An- und Abreise also zehn! Pah, machbar! Obwohl ich mir darunter noch gar nichts vorstellen konnte (Naive Anfängerfrage: An welchem Tag ist man betrunken, und an welchem nicht?), sprich ich mir auch absolut keine Erwartungen gemacht hatte, schaffte es das Festival, komplett anders zu sein als ich es mir vorgestellt hätte.
Es beginnt alles mit dem Stürmen des Zeltplatzes: Ab Samstag in den frühen Morgenstunden steht die Menge an einer Sammelstelle vor einer großen Wiese an. „Girls, you have to be ready to stomp the yard and fight for your tent!“, da musste ich unseren Dänen noch leicht belächeln. Mein Amusement verging mir schnell, als am frühen Abend völlig unerwartet und plötzlich die Zäune um uns herum umfielen und die Massen einfach nur noch rannten! Blitzschnell hatte ein jeder seine Plane gezückt und das Revier abgesteckt – riesige Gruppen erkämpften sich stutenbissig ihr Territorium! Existentielle Panik machte sich breit. Jeder wusste genau um was es ging und hatte sein Ziel vor Augen – und mittendrin zwei unschuldige deutsche Mädchen, die sich nicht mehr ganz sicher waren, wo denn jetzt genau ihr Treffpunk „C64“ sein sollte … ob man wohl mal nach dem Weg fragen sollte?
Halten wir fest: das Roskilde ist ein Festival gute zwei Stunden westlich von Kopenhagen. Vier Tage feiert man sich hier bei den „Warm Up Days“auf dem Zeltplatz die Seele aus dem Leib, um dann die letzten Kräfte für vier weitere Tage Live-Acts auf 8 Bühnen zu feiern. Hier eine exemplarische Aussage vom Freitag, bezogen auf Kraftwerk (allerletzter Act am Sonntag, 22 Uhr)
„My body does not respond to anything anymore – but I HAVE to see them!“
Da sind Größen wir Rihanna, Metallica und The National anzutreffen, zeitgenössische Bands à la Of Monsters And Men und Crystal Castles, Newcomer wie MØ und Disclosure und natürlich Local Heroes die ich nicht kenne und von denen ich *Schande über mein Haupt* nicht weiß, dass ich sie gesehen habe. (Anm. an mich selbst: zwar wurden die Warm Up Days offiziell aufgehoben, doch heißen die ersten vier Tage im Volksmund immer noch so). Manche freuen sich aber auch nur auf das ganz große Festivalgelände, weil dann endlich die vielen organic und nicht organic Food-Stores aufmachen – und ganz viele Vintage Stores. Yeaaai.
Moderne Festival-Transportmittel:
„Mein Jutebeutel hat ausgedient, ein Kinderwagen muss her. “
Mittagessen!
Kraftwerk
Disclosure
Achtung – bevor ihr weiterlest habe ich fürs Feeling einen Track dazu gelegt. Ohne Major Lazer ist das Festival halt einfach nicht ausgekommen:
Das Besondere an dem Festival ist ihr außerordentlich treues Publikum, die den Veranstaltungsort „Roskilde“ über jenen Zeitraum schwuppdiewupp zum fünftgrößten Ort Dänemarks werden lassen. Zum Roskilde zu gehen ist für den gewöhnlichen Dänen ab 20+ so sehr fester Bestandteil im Leben, wie dem Hipster sein Tattoo.
OTON „Was bringt dich jedes Jahr wieder zum Roskilde“
OTON „Was ist das besondere am Roskilde“
Man campiert in großen Gruppen, nicht selten noch der Freundeskreis aus der Schule – ein jährliches Klassentreffen sozusagen – und fährt groß auf. Wer das Spiel kennt markiert sein Revier mit einer mächtigen Flagge, das dient der Orientierung und später bei den Konzerten kann man die Gruppe leicht erspähen. Wer über ausreichend Mittel verfügt eröffnet sein Camp zum Dancefloor, positioniert sich lautstark mit einer fetten Soundanlage (Wir!) und beklebt das ganze Land mit eigenen Camp-Stickern (Wir!).
OTON „Was macht das Roskilde so besonders?“
Das war nur eine kleine, grobe Einführung in das Roskilde Festival. Morgen kommen dann die Hardfacts. ;)