Griaß-eich Madl und Buam! Ihr habt die Strandurlaube satt und wollt mal was richtig Fetziges erleben? Dann Helm auf und ab in die Radhose gehüpft. Wir brettern die Rockfalten der Tiroler Alpen runter. Ich zeige Euch die schönsten MTB-Strecken der Tiroler Zugspitz Arena. Wer dann noch Luft hat, darf mit mir baden gehen.
Eigentlich waren wir nach Tirol gekommen, um auf Talfahrt zu gehen. Die übrigen Ladies sitzen schon samt Bikes im Sessellift und lassen auf dem Weg nach oben entspannt die Beine baumeln. So soll’s sein. Ich stattdessen kraxle wie eine Bergziege die Spitzkehren zur Sunnalm hinauf: 600 Höhenmeter in brütender Mittagshitze bei etwa 12 Prozent Steigung. Das ist so, als würde man mit dem Rad in die 26ste Etage eines stickigen Parkhauses fahren – allerdings ohne Zwischenebenen. Ich pruste, schwitze und sehne einen Getränkeautomaten herbei. So soll’s nicht sein.
Schon überm Berg: Eine tapfere Gipfelstürmerin zeigt wie’s geht.
„Spar dir die Kraft,“ rät mir Mountainbike-Guide Georg Mott noch beim Abschied in Biberwier: „Oben wird es nochmal richtig steil!“ Ich hangle mich also im ersten Gang den staubtrockenen Schotterweg hinauf, immer in der Hoffnung auf einen flacheren Streckenabschnitt. Der kommt und kommt nicht.
Ist der Berg auch noch so steil, a bisserl was geht allerweil. – Österreichisches Sprichwort
Was bergauf an Selbstkasteiung grenzt, verwandelt sich bergab in Funsport. Für andere wohlgemerkt. Ich jedenfalls nehme mich in Acht, wenn hinter der Kurve Staubwolken aufsteigen, halte mich rechts, als käme mir ein Sattelschlepper entgegen. Statt einem 7,5-Tonner brettert ein vierrädriger Mountaincart vorbei. Auf Kniehöhe. Zwei weitere Bruchpiloten hinterher – als ritten sie einen Tiger. Monsterroller nennen sich ihre überdimensionierten, stollenbereiften Tretroller, die Splitt und Schotter zum Tanzen bringen. Ich staune mit offenem Mund und bemerke es erst, als ich den Staub auf der Zunge schmecke.
Mountainbiken in der Tiroler Zugspitz Arena: Gschlein di (tirolerisch „beeile dich“)
Als mir das Wasser ausgeht, plätschert ein eiskaltes Bächlein am Wegesrand. Der Berg ist vielleicht doch auf meiner Seite. Ich fülle meine Trinkflasche, bade mein Trikot und kühle mein lavarotes Gesicht. Munter geht sie weiter – die nicht ganz so wilde Fahrt. Doch nach einer Dreiviertelstunde Plackerei verlässt mich die Kraft vollends. Mit ihr verabschiedet sich die Zuversicht, dass ich jemals irgendwo ankomme, dass der Berg ein Nachsehen mit mir hat. „Die anderen werden ohne mich hinabdüsen,“ befürchte ich und schiebe das Rad mit der Eleganz des Scheiterns. Demütigend.
Ich kann Ausdrücke wie »Ich habe den Berg bezwungen« oder »Ich habe den Berg erobert« nicht mehr hören. Das ist Nazisprache. […] in Wirklichkeit sind wir da oben nur geduldete Kreucher und Fleucher. – Reinhold Messner
Doch da taucht sie vor mir auf, die Sunnalm, Oase der Außerferner Bergwelt. Geschafft! Na ja, wäre da nicht noch die Abfahrt über den Barbarsteig.
Mountenbiken bis zu Sinn Alm
Mountainbiken in der Tiroler Zugspitz Arena: Der Berg – Lehrmeister in Sachen Geduld und Spucke
Ich trockne noch die letzten Schweißperlen, während die übrigen Mädels vor dem spektakulären Alpen-Panorama posieren, da wird meine Erschöpfung aufs Schamloseste ausgenutzt – und das von einer Einheimischen. Kuh 2300 schleckt unbekümmert die Lenkergriffe meines Rades ab. Lecker! Schweißmelange mit einer Prise Salz. Na gut, die Spucke sorgt bergab sicher für mehr Grip an den Händen. Neben den kecken Rindviechern verputzen Bergprofis und Sonntagsradler Kaasspatzln, Greaschtl und Kaaspressknedl, gute Tiroler Küche eben. Aber der Besuch der Hütte mit ihrer weitläufigen Sonnenterrasse muss bis morgen warten.
Mountainbiken in der Tiroler Zugspitz Arena: Runter kommt man immer
Ende der Verschnaufpause. Wir tauchen ab. Es geht den Barbarsteig hinunter, einen für uns Anfängerinnen schon recht anspruchsvollen Trail. Georg sieht das offensichtlich anders. In seinen Augen werden wir uns die Freeride-Sporen erst noch verdienen müssen. Der Weg führt über Wurzeln, Geröll und dicke Steinbrocken talwärts durch den Wald. Au Backe!
Georg fährt vor. Mein Herz pocht schon, als ich nur sehe, wie er sich die schmalen Kehren hinunterfädelt. Die Augen tasten den Boden ab, überall lauern Hindernisse. Eigentlich kann nichts passieren, sagt der Verstand. Nur der flaue Magen will das nicht glauben. Wie war das nochmal? Kurve weit außen anfahren, Pedale waagerecht, Lenker stark einschlagen mit Blick zum Kurvenausgang, Bremsen nur schleifen lassen. Konzentriert stottere ich den Trail herunter. Mountainbiken ist meditativ, schützt aber nicht vor Wutausbrüchen. Jedes mal wenn der Fuß nach festem Boden tastet, sehne ich mich nach den sonst so verhassten Fußgängerzonen.
Für einen ersten Eindruck vom Single-Trail fahren, klickt Euch einfach durch die Fotogallerie!
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Dank des fundierten Techniktrainings vom Vormittag und aufmerksamer Schutzengel gelangen am Ende alle wohlbehalten zum Waldrand. Erster Eindruck: unbescheiden stolz und gedämpft erleichtert. „Wir sind wahrlich wilde Hennen!“ bringt Birgit unsere Meisterleistung auf den Punkt. Georg meint: Auch bei Nässe komme im Barbarasteig richtig Spaß auf, der Regen binde dann den Staub und sorge für mehr Haftung. Ich bin vorerst ganz froh, dass uns die Rutschpartie erspart blieb.
Auf dem Weg runter zum Bergfuß kommt aber nochmal Flow auf – die reine Wohltat nach der Bremserei im Barbarasteig. Wie die Pistenjägerinnen heizen wir über den Wiesenrücken, surfen durch die Steilkurven und bedauern, dass der spaßige Teil der Abfahrt so schnell vorbei ist.
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Zum Ausklang rollen wir durchs „Moos“ – das saftig-grüne Landschaftsschutzgebiet im Talkessel der Zugspitz Arena – zurück zum Sporthotel Loisach. Nach dem schweißtreibenden Nachmittag wird die Dusche mit anschließender Runde im hoteleigenen Pool zum Hochgenuss, der nur noch durch den eiskalten Lillet-Spritz im Restaurant Winelounge getoppt werden kann. Die untergehende Sonne legt ihren Goldglanz auf unsere schon bronzene Haut. So müssen sich Superheldinnen fühlen – selig und angenehm erschöpft.
Mountainbiken in der Tiroler Zugspitz Arena: Weißensee, Mittersee, Blindsee – Drei Perlen am Fernpass
Der nächste Morgen ist noch taufrisch, da lockt der Speisesaal des Hotels mit frischen Säften, Müsli in allen Spielarten und selbst gemachten Waffeln. Ein Frühstück, das gute Laune einflößt. Es ist kurz nach acht, die meisten Gäste schlummern noch, als ich mein Rad aus der Garage schiebe. Ich will die frühe Stunde nutzen, um in einem der kristallklaren Bergseen zu baden. Das mache ich nämlich genauso gerne wie Radfahren.
Der Weg führt erneut hinauf nach Biberwier, vorbei am idyllischen Weißensee, kreuzt den Fernpass und schlängelt sich nach etwa 10 Kilometern als schmale Asphaltstraße den Hang hinab. Erst als sich der Wald lichtet, erspähe ich das nahende Ziel. Türkisblau liegt er vor mir – der Blindsee – inmitten einer malerischen Gebirgslandschaft und eröffnet einen Blick auf die schroffen Felswände. Doch auch unter der Wasseroberfläche soll er spektakuläre Motive bergen: verkeilt wie Mikado-Stäbe liegen dort die Baumstämme, die eine Lawine einst in den Abgrund riss und den Blindsee zu einem wahren Tauch-Eldorado machen. Als wolle er sein Geheimnis wahren, lässt sein Name nichts von seiner enormen Sichtweite erahnen.
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Ich tauche kurz ab, schwimme genüsslich ein paar Züge und schwinge mich zurück in den Sattel. Ich muss mich sputen, um rechtzeitig am Treffpunkt zu sein. Den beschaulichen Mittersee lasse ich deshalb auf dem Rückweg links liegen.
Mountainbiken in der Tiroler Zugspitz Arena: Après-Ski mal anders – Über die Pisten des Grubigstein
Georg wartet schon und hat auch für den zweiten Tag eine feine Strecke gewählt. Die Bergbahn bringt uns hinauf zur Grubighütte. Mit ihr steigt auch die innere Fieberkurve. Doch bevor es losgeht, genießen wir den fantastischen Ausblick auf die ringsum liegenden Berge. Sogar die Sunnalm lässt sich von hier erspähen. Noch ein Schokoriegel gegen den Hungerast, dann geht’s wieder hinab: Sattel runter, Arsch hoch, Arme anwinkeln und im Sturzflug über die sanften Almwiesen.
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Beinah so elegant wie sonst die Skifahrer, pflügen wir über die Pisten. Die Sonne lacht, der Wind peitscht um die Ohren und die Vögel fliegen mit uns um die Wette. Spätestens am Stausee sind die Muskeln butterweich gerüttelt. Um die Freeride-Strecke machen wir trotzdem einen Bogen und fahren über den Wachtersteig, einen lauschigen Waldlehrpfad, weiter nach Biberwier.
Nach dem Mittagessen wollen wir uns ein zweites Mal dem Barbarasteig stellen. Also hinauf auf die Sunnalm! Aber diesmal entspannt im Sessellift. Bevor ich jetzt nach oben schwebe, sagt mal, habt Ihr Lust auf die Berge und ein wenig Nervenkitzel bekommen? Wäre Mountainbiken eine Alternative zum Strandurlaub? Dann kommt im September nach Lermoos zum Women’s Camp (siehe unten). Oder erzählt mal, wann Ihr Euch mit Schweißperlen schmückt? Schreibt einen Kommentar, ich freue mich auf Eure Antworten. In diesem Sinne verabschiede ich mich mit einem: Pfiat eich!
Mountainbiken in der Tiroler Zugspitz Arena: Tipps und Insider-Wissen
- Anfänger*innen empfehle ich beim Mountainbiken ein Techniktraining. Dort macht Ihr Euch mit dem Rad und der Fahrtechnik vertraut, übt Balancehalten, Bergan- und Bergabfahren und lupft vielleicht ein allererstes Mal Vorder- und Hinterrad, um über ein Hindernis zu springen.
Sucht Euch zumindest für den Anfang einen Guide mit guten Ortskenntnissen: Sie kennen die besten Trails, schönsten Anfahrtswege und empfehlen die beliebtesten Restaurants. - Ihr wollt das Komplettpaket? Vom 10. bis 13. September 2015 lädt das Women’s Camp Mountainbikerinnen zum Mountainbike nach Lermoos. Im Programm stehen geführte Touren, Fahrtechnik-Kurse, Yoga, Pilates, Massagen und sogar Schrauber-Workshops. Ihr könnt das neueste Equipment testen und natürlich biken bis Ihr unfallt. Egal ob blutige Anfängerin oder sattelfeste Freeriderin, die unterschiedlichen Gruppen werden jeder Teilnehmerin gerecht.
- Keine falsche Eitelkeit bei Helm und Protektoren oder habt ihr schon mal ein blutendes Michelinmännchen gesehen? Stürzen kann man immer mal, selbst auf den einfachsten Radwegen beim Mountainbike. Das ist mir jedenfalls geglückt und ich war heilfroh, keine Schottersteinchen aus der Haut puhlen zu müssen.
- Optimale Sattelhöhe: Sobald Ihr sitzt, sollte bei durchgestrecktem Knie die Ferse gerade so das Pedal berühren.
- Alles dabei? Die Touren-Ausrüstung: Helm, Handschuhe, Protektoren, Erste-Hilfe-Kit, Ersatzschlauch, Pumpe, Multitool samt Kettennieter und Extra-Kettenglied, eventuell ein extra Schaltauge. Ausreichend Wasser, Kraftfutter und Sonnencreme.
- Optimaler Reifendruck: Während ich auf dem Rennrad mit 7 bar unterwegs bin, haben MTB-Reifen 1,2 -1,4 Bar, natürlich abhängig von Reifenbreite und Fahrergewicht. Die ganz Harten fahren auch mit 0,8.
- Wie geht das nochmal? Die Schaltung: rechts schaltet ihr die Feinabstufung an den Ritzeln, links die Kettenblätter. Vorausschauend fahren und schalten, nicht unter Belastung (bergan).
- Mühelos Auf und Ab: Ein Hoch auf die Vario-Sattelstütze, die tollste Erfindung seit der Federgabel. Über einen Griff am Lenker lässt sich der Sattel blitzschnell verstellen. Das bringt mehr Fahrspaß bei Trail-Manövern – ohne anzuhalten und ohne mühsame Fummelei.
- Ruhe bewahren! Wie alles, wovor man Bammel hat, ist auch das Trailfahren Kopfsache. Über ein Brett zu fahren, das auf dem Boden liegt, scheint ein Klacks. Wird man vor die gleiche Aufgabe gestellt, während das Brett über eine Schlucht führt, kriegt man es mit der Panik zu tun. Darum gilt es, die eigenen Grenzen auszuloten und zu entscheiden: Was traue ich mir zu, was noch nicht? Wer visualisieren kann, wie er über ein Hindernis rollt oder gar springt, hat gute Karten, dass es in der Praxis klappt. Vertrauen in sich selbst ist mindestens genauso wichtig wie das Vertrauen ins Rad. Ich selbst war erstaunt über die ausgefeilte Technik. Die Federgabeln schlucken so ziemlich jeden Stock und Stein.
- Körperspannung ist das A und O beim Mountainbiken, darum immer schön mit den Muskeln spielen, allerdings ohne zu verkrampfen.
- Carbon statt Kondition: Soll heißen, je leichter das Rad samt Fahrer und Rucksack, desto leichter geht es den Berg hinauf. Ergänzung: Bergbahn fährt auch nicht im Affenzahn.
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Vielen Dank für die Unterstützung an die Tiroler Zugspitz Arena.