Ich kann mich noch gut an diesen Tag erinnern, an dem mich eine gute Freundin auf Tinder aufmerksam machte. Sie erklärte mir, dass es jetzt diese App gäbe, mit der ich schnell mal jemanden kennenlernen kann. Ich war sofort süchtig. Auch wenn es bei mir nie zu einem Gespräch mit der Person kam, dessen Foto ich locker nach rechts geschoben habe, war ich immer wieder froh, wenn “It’s a match” auf meinem Display erschien.
Irgendwie verschwand dieser Tinder Hype im Nirvana. Es wird weniger drüber geredet, es wird weniger nach rechts oder links gewischt. Woran das liegt, das weiß ich nicht. Ich habe aber zwei Theorien: entweder alle Tinder Menschen hatten ein erfolgreiches Match und sind jetzt glücklich vereint, was ich wirklich bezweifle oder sie sind alle auf Peppr App umgeschwungen.
Das ist keine Bezeichnung für eine besondere Chilischote, die etwas in eurem Körper anrichtet und es ist auch nicht der Name eines neu erfundenen Tamagotchies, das nun einen echten Freund ersetzen soll. Ganz im Gegenteil. Die Peppr App ist die neue App, die komplett der Komfortzone entweicht und beim Erzählen so manchen Personen rote Ohren verleiht. Die Peppr App ist mobile Prostitution. Wie das funktioniert? Professionelle Prostituierte stellen ihr Foto auf die Website, tippen ein paar Informationen ein und geben dann genaue Informationen zu den Diensten, die sie anbieten.
Als ich das erste Mal auf die Peppr App kam, verstand ich die Hälfte dieses Angebots nicht und fühlte mich wie in einem veganen Supermarkt, in dem ich die Bezeichnungen der Produkte teils noch nicht einmal ansatzweise verstehe. Da stand was von „Boyfriend Sex“ oder „Golden Rain“. Ich mein, ja, na klar konnte ich mir darunter etwas vorstellen. Ich bin jetzt auch nicht die prüdeste Person auf der ganzen Welt, aber es ging einfach nicht in meinen Kopf, wie sowas in Form einer App für das Handy funktionieren kann. Ich kann nicht glauben, dass es mittlerweile wirklich alles als App gibt.
Erst Tinder, dann eine Map, die den nächsten Dealer zeigt und jetzt den Straßenstrich für das Handy? Unfassbar. Bevor ich an dieser Stelle wie eine 60-jährige wirke, die gerade das Internet erkannt hat, möchte ich aber trotzdem erklären wie genau die Peppr App funktioniert. Ihr geht auf die Website und könnt euch hier entweder die Peppr App herunterladen oder auf der Website fortfahren. Einen wirklichen Login braucht ihr nicht. Alles was ihr machen müsst ist eure Postleitzahl eingeben und das Geschlecht wählen. Das System sucht euch dann das nächstgelegene Angebot. Aus einem bunten Potpourri von Menschen könnt ihr euch dann anhand des Fotos den Hübschesten oder die Ansprechendste auswählen. Und dann geht es nur noch an die Menüwahl. Hat die Person ein ansprechendes Angebot oder gibt es eure Vorliebe nicht? Gar nicht schlimm, denn im System sind ja noch andere Personen.
Einen guten Service hat die Website noch. Sie sagt euch genau, wann die Person da sein könnte. Das ist dann quasi wie der Pizzalieferservice. Ihr gebt die Bestellung ab und bekommt eine ungefähre Uhrzeit. Kurz vor dem angesagten Termin, beginnt ihr den Tisch zu decken und freut euch auf die Pizza. Bei der Peppr App ist es ähnlich, nur dass ihr hier keinen Tisch decken braucht, sondern nur bereit sein müsst. Wie das ganze abläuft wüsste ich nur zu gerne… Ganz günstig ist die ganze Geschichte übrigens nicht. Unter 200€ pro Stunde ist hier nichts zu machen und das ist bei jedem einzelnen Angebot so.
Man könnte direkt denken, dass es sich hier um irgendetwas illegales handelt. Prostituierte per Handyclick, das geht doch nicht oder? Doch! Das das seit 2012. Denn da hat sich das Prostitutionsgesetz geändert und so kann man den Strich jetzt auch auf das Handy holen. Die ursprüngliche Idee entstand übrigens aus einem spontanen Helfersyndrom heraus: die beiden Gründer haben frierende Prostituierte auf dem Strich gesehen und dachten sich, das geht doch auch online.
Ich könnte jetzt wieder einmal in die Diskussion der sozialen Medien und digitalen Welt gehen, aber das möchte ich nicht. Viel mehr interessiert es mich, wie Menschen sich so anbieten können. Wie in einem Katalog sieht das aus. Da kann das noch so seriös ablaufen, wenn sich Leute mit ihren „Diensten“ im Internet zur Verfügung stellen und diese auch noch preislich festlegen, dann hört bei mir der Spaß auf. Hier gibt es Sex auf Knopfdruck und mit einem festen Termin. Das ist doch falsch, oder? Können wir dann davon ausgehen, dass wir das ganze bald auch für Kinder und Ehemänner haben? Eine Datenbank mit Kindern, die man sich nach Aussehen und Können auswählen kann? Es fehlt dann nur noch die Option „Sortieren nach preislich aufsteigend“. Ich könnte kotzen.
2 Kommentare
Prostitution im allgemeinen ist natürlich so eine Sache für sich. Kann man sich wohl drüber streiten, und wird ja auch in Deutschland und Frankreich heftig gemacht.
Aber ehrlich gesagt verstehe ich nicht warum es per app oder Internetseite schlimmer ist als die traditionelle Art. Ich meine im Bordell sitzen die Damen (und seltener auch die Männer) an der Theke (oder wo auch immer) und warten darauf, dass ein Freier hereinkommt und sie auswählt. Straßenstrich? Nun ja man muss es nicht weiter ausführen.
Was ich sagen möchte:
In einer Welt mit Internetdating-Platformen die ernsthaft “versprechen” einen Partner fürs Leben zu finden, empfinde ich eine app/is/htdocs/wp11229637_PL670D9D9X/www/relaunch-php8site auf der man nach Prostituierten suchen kann nicht als diskussionswürdiger als die Prostitution im Allgemeinen.
“wenn sich Leute mit ihren „Diensten“ im Internet zur Verfügung stellen und diese auch noch preislich festlegen, dann hört bei mir der Spaß auf.”
Es sind Prostituierte die ihre (Sex)Dienstleistung anbieten, und vorher einen Stundenlohn festlegen, wie wohl jeder Mensch der in der Dienstleistungsbranche.
Das ist wohl wahr und du hast mich wirklich zum Nachdenken gebracht. Ich finde es vielleicht einfach unmoralisch Prostitution in eine App zu packen. Auf der anderen Seite gibt es natürlich mit Tinder und co. mittlerweile schon zahlreiche andere Dating Platformen, die sicher auch auf das gleiche hinauslaufen, nur ohne Bezahlung. Mir gefällt diese Vorstellung nicht durch Prostituierte mit dem Zeigefinger zu scrollen und dann auf “Order” zu klicken.