Unit A, 7.Klasse: Frankreich und ich, wir hatten einfach keinen guten Start. Scheuklappenalarm war seither angesagt. Das hätte auch für immer so weitergehen können, wäre da nicht Christine mit einer Bloggerreise für mich gewesen.Frankreich und ich – wie soll ich das sagen – wir hatten einfach keinen guten Start. Ich weiß, romantische Mädchen wie ich (ich stecke mir Blumen ins Haar) müssten Paris eigentlich ganz toll finden und bei französischem Akzent nur so dahin schmelzen … Aber irgendwie hab ich mich bislang lieber bei grauem Himmel in Edinburgh oder mit Holländern und Dänen rumgetrieben.
Für meine Antipathie hatte ich bislang auch immer eine grandiose Ausrede: Die Grundvoraussetzungen für eine gute Beziehung waren einfach nicht gegeben. Angefangen in der 7. Klasse mit Herrn Ließen, der den Französisch-Unterricht lieber von der Klassenbesten führen lies, folgte dann in der 9. Klasse ein grauenhafter Aufenthalt bei „Alice“ – irgendwo im letzten Kaff in der Nähe von Nantes. Alle Mädchen verliebten sich in dunkelhaarige Franzosen mit Mini-Moustache (die ersten zarten Oberlippenfläumchen, ich KOTZE). Alice (auch mit Mini-Moustache gesegnet) wohnte zu weit draußen und war höchstwahrscheinlich auch einfach zu uncool, als das wir die coolen Kuppel-Partys hätten attenden können. Privatsphäre wurde in dem Haushalt „Schriftgröße 7“ geschrieben, die Mutter wollte -ohneinohnein- nach einem Glas Rotwein noch Auto fahren und der kleine Bruder spielte mit so etwas, was man bei „American Pie“ Taschenmuschi nennt – ich bin ein gebranntmarktes Kind.
Trotzdem habe ich die Bloggerreise nach Frankreich nicht abgelehnt und durfte somit erkennen, dass Franzosen Unmengen von Wein trinken können und das Land auch schönere Seiten als Alice´s Bauernhof zu bieten hat. Ich hatte Hemmungen das Billionste Bild vom Eiffelturm aufzunehmen –
„Ich hatte Hemmungen das Billionste Bild vom Eiffelturm aufzunehmen – habe aber nicht wiederstehen können. Das schönste ist und bleibt aber das von Elliott Erwitt
So flog ich also von München nach Paris, um dann mit dem Zug weiter an die Atlantikküste nach La Rochelle in Frankreich zu fahren: Ein Fleckchen ziemlich mittig zwischen Nantes und Bordeaux. Die Pariser Metro hat beim Anfahren die Beschleunigung vom Porsche. In 3 Sekunden von 0 auf 100 – 3 Mal versüßte ich zwei vor und hinter mir stehenden Typen den Tag damit, dass sie mich mit aller Manneskraft am Hinfallen hindern durften (habe gehört es kommt gut, wenn man Männer für ihre Muskelkraft bewundert) – leider war die Freude nur meinerseits. Die U-Bahngänge in Paris sind – zumindest am Gare Montparnasse – wunderschön, nur halt absolut nicht Alten-, Behinderten-, Mädchen-mit-schweren-Koffern- und schon gar nicht Mädchen-ohne-Orientierungssinn-gerecht! Auf meiner Suche nach dem Ausgang habe ich fast Platzangst bekommen, um dann festzustellen, dass ich großzügig im Kreis gelaufen war. Nun, als ich wieder das Licht der Welt erblickte, sah ich ihn – den Eiffelturm! „Ach“, dacht´ ich mir „der ist so nah, da geh ich doch kurz ´nen Block und schau mir das Ding mal an.“ Nach 20 Minuten Laufen war der Eiffelturm auf einmal gefühlt auf der ganz anderen Seite der Stadt – 200 Meter weiter war er schon wieder ganz woanders. Tick Trick und Track … Ich habe mich dann einer Schulklasse angeschlossen, die mir sicher den Weg geleitete. Fein war das, so bei grauem Himmel und mit Baustelle auf der Champs Élysées – NICHT! Aber imposant. Ich frage mich, welche Jobs die Anwohner mit Blick auf den Eiffelturm haben und was sie verdienen. Mittlerweile kam ich in Zeitdruck und es hieß: Vite, Vite à la gare!
Im Zug nach La Rochelle konnte ich endlich meinen Ausländerbonus mal ausspielen – den Trick aus der U-Bahn – wenn der Schaffner kommt, irgendwas mit dem Ticket nicht in Ordnung ist, man nichts versteht und er das Problem genervt ruhen lässt. Toll! Ich sollte Schwedisch lernen, das kann in Deutschland auch sicherlich kein Schaffner.
In La Rochelle durfte ich mir ein Auto mieten – aus Gewohnheit fing ich gleich mir Englisch an. „Hello, my name is Gesa Temmen.“ “Whowwhowwhow, stop please – I don´t understand.” Mammaaa! Ich vermute, dass ich sogar eine Beule ins Auto hätte fahren können, die Typen hätten mich nicht drauf angesprochen…
„Hello schönes zukünstiges Zuhause, ich freue mich auch, dass wir uns begegnen.“
Mein erster Eindruck von Frankreich 2013 wurde dann mit La Rochelle absolut gerettet! Eine ganz niedliche Hafenstadt mit wunderschönen Häuserfronten, Burgtürmen und ganz viel Charme – hat mich sehr an Stone Town auf Sansibar erinnert: Man weiß gar nicht, was man zuerst fotografieren soll, kriegt den Mund nicht mehr zu und verfällt in Schnappatmung. Gerne kann man dazu noch mit den Händen auf Schulterhöhe rumfuchteln. Vom Hotel habe ich mir trotzdem nicht viel erhofft, zu tief sitzen die Erinnerungen an mein Durchgangszimmer beim Austauschaufenthalt. „Un Hotel en Ville“ klingt auch irgendwie einfallslos. Mesdammes et Monsieurs, ich wollte da einziehen! Ein bisschen Shabby-Chic, ein bisschen maritimes Flair und schon trifft man den Puls der modernen Frau. Ich wollte es nicht wahrhaben, aber hier habe ich übrigens mein bestes Croissant in ganz Frankreich gegessen! Das kann ich objektiv bestätigen, weil ich hier nicht nur mein erstes, sondern auch letztes Frühstück verbracht habe.
Zum Abendbrot (um Gottes Willen – so darf man das in dem Zusammenhang ja gar nicht nennen! Was sag ich da – DINNER!)… also zum Dinner speiste man im „Le 4 Sergeants“ – einem Restaurant auf der „feinen Meile“ von La Rochelle. Nicole von Luziapimpinella war auch mir dabei, und zusammen hatten wir großen Spaß am Foodporn praktizieren – also damit, unser Essen zu fotografieren. Erwähnte ich beim letzten Mal, dass ich das boykottieren werde? Ich glaube nicht!
Das Restaurant war echt bombe (auch hier vielleicht ein angemessenerer Ausdruck?) – das Restaurant war très chique! Unter dem Glasdach kam ich mir ein bisschen vor wie in einem Schmetterlingshaus, was ne feine Sache ist. Kleidungstechnisch waren wir nicht ganz vorbereitet – der Orlando Bloom Typ am Nebentisch aber auch nicht, also war wieder alles ganz chillig.
Im nächsten Teil erzähle ich euch von meiner perfekt durchgeplanten 4-Tages-Rundreise durch die Region Poitou-Charentes. Mit dabei: Eine Hommage an die Häuserfronten der Region. Außerdem berichte ich, wie mir ein 30jähriger „nicht-verkäuflicher“ Cognac aus dem Hause Martell mundet, wo sich die Hobbits rumtreiben würden, wenn es sie gäbe und warum ausgerechnet der Kellner denkt, dass ich ihn heiraten will.
„Ich bin mit Frodo Bo0t gefahren.“
Ile d´Oléron, als Vorgeschmack
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