Ich liebe das Reisen. Das steht außer Frage. Trotzdem möchte ich in diesem Artikel das Reisen auch einmal kritisch beleuchten.
Warum wir oft denken, dass uns Reisen (an sich) glücklich macht
All die schönen Bilder und Artikel, die auf Social Media und im Internet zu finden sind, sind Fluch und Segen zugleich. Ich mag die geheimnisvolle Magie von fotographischen Momentaufnahmen. Aber wie das Wort schon sagt: Sie fangen nur einen Moment ein. Meist die schönen Momente, schöne Orte, schöne Szenen – was schnell dazu führt, dass wir das Reisen (und Leben) sehr einseitig darstellen und wahrnehmen – von der schönen Seite.
Reisen hat sehr viele schöne Seiten, versteh mich nicht falsch, und noch nie war es einfacher in die Welt zu ziehen und sich die passende Inspiration, Motivation und Information dafür zu holen. Dennoch, ich habe das Gefühl, dass mit dem Reisehype sehr oft eine Hoffnung, vielleicht sogar Erwartung, mitschwingt: Wenn ich Reise, dann bin ich glücklich.
Sind wir mal ehrlich, diese Wenn-Dann-Annahmen kennen wir doch alle, oder?!
- Wenn ich erst einmal raus aus meinem Job bin, dann […]
- Wenn ich an Ort X bin, dann […]
- Wenn ich 5 Kilo abgenommen habe, […
Wenn … dann bin ich dieser grandiose Mensch, der ich bisher meist nur in meinem Kopf bin. Dann bin ich GLÜCKLICH. DANN bin ich die beste Version meines Selbst, erstrahle in meiner Blüte
und zwar NON-STOP.
Pustekuchen. Jeder, der schon einmal an dem ersehnten und mit Hoffnung beladenem Dann-Punkt angekommen ist, der weiß, dass es eine ziemliche Illusion ist. Das bedeutet nicht nur, dass wir unser Glücklich-Sein an Bedingungen knüpfen, sondern auch, dass wir es aufschieben.
Die Wenn-Dann-Formel, haben wir nicht nur im Bezug aufs Reisen. So ist es auch mit anderen Zielen. Die Krux dabei ist, dass …
- Wir eine Abhängigkeit von äußeren Umständen erschaffen.
- Das Glücksempfinden durch externe Gegebenheiten nur von kurzer Dauer ist und sehr schnell wieder verfliegt.
- Unsere eigene Erwartungshaltung uns oft unglücklich werden lässt.
- Wir wertvolle Lebenszeit „vergeuden“, weil wir nicht schon JETZT glücklich sind.
Ich für meinen Teil versuche mich nur noch an diese Formel zu halten: Wenn ich JETZT nicht schon glücklich bin, dann werde ich es auch nicht durch ein anderes „wenn-dann“.
Und rate mal wann diese Erkenntnis kam?! Als ich – gerade erst zurück aus Afrika – meinen einjährigen Aufenthalt in New York begonnen hatte und meine alte Wenn-Dann-Blase zerplatzt ist. Autsch.
Reisen sind wie Beziehungen
Ich vergleiche es auch gerne mit Beziehungen und dem eigenen Glücklich-Sein. Wenn du nicht glücklich mit dir selbst bist, dann wird es auch eine Partnerschaft nicht erfüllen. Wir können nicht von dem Partner verlangen uns zu lieben, wenn wir es nicht selbst tun. Und wir sollten autark genug sein, das vom Anderen nicht einzufordern, sondern selbst für unser Glück zu sorgen. Dann kann eine Partnerschaft dafür sorgen, dass unser Glück noch größer wird. Und so ist es auch mit dem Reisen.
Außerdem ist das Reisen noch viel viel schöner, wenn wir ohne diese Erwartungshaltung losziehen und uns viel mehr überraschen lassen, was sie uns bringt. Also: Dinge von der Packliste streichen und zu Hause lassen!
Erwartungsminimalismus: Leichtes Reisen mit weniger emotionalem Gepäck
Es gibt unzählige Gründe, warum wir unseren Koffer packen uns losziehen … Wir wollen die Schönheit der Welt entdecken, wir wollen Abenteuer, uns wild und frei fühlen, unseren Horizont erweitern … Manchmal schleichen sich da aber auch noch Erwartungen und andere Beweggründe ein, die wir mit auf die Reise nehmen und die dann zu unseren unbewussten Reisebegleitern werden und deren Gewicht wir mitschleppen.
Minimalistisch Reisen ist im Trend. Warum also nicht auch mal unser emotionales Gepäck kritisch beleuchten?! Wir können auch da aussortieren, was nützlich für uns ist und was wir aus dem Gepäck werfen können, um für mehr Leichtigkeit zu sorgen.
Ich habe mal bisschen in meinem Gepäck gekramt und bei anderen Reisenden nachgehört, wie sie das bei sich reflektieren. Hier ein kleiner Auszug aus unseren Gedanken und Erfahrungen mit unbewusstem Gepäck:
#1 Unbewusstes Gepäck des Weglaufenden
Reisen, um vor Etwas davon zu laufen? Warum nicht. In meinen Augen ist es völlig okay, manchmal sogar sehr unterstützend, von Zeit zu Zeit aus dem Alltag zu flüchten und sich der Realität zu entziehen. Solange wir nicht vor uns selbst davon laufen. Das klappt nicht, das sieht wohl jeder ein. Vielleicht hilft es eher, die Reise als Chance zu nutzen, um sich selbst näher zu kommen, anstatt vor sich weg zu laufen. Ein wundervolles Geschenk, das Reisen für uns bereit hält, ist sich selbst besser kennen zu lernen und sich auf neue Weise zu entdecken.
#2 Unbewusstes Gepäck des Suchenden
Manche Reisende sind auf der Suche. Der Suche nach Glück, der Suche nach sich selbst, der Suche nach dem, was sie wirklich wollen. Auch hier finde ich, dass Reisen ein gutes Tool ist – wenn man sich die Zeit nimmt, sich unterwegs auch mit sich selbst zu beschäftigen. Denn die Antwort wartet nicht irgendwo draußen in der Welt, sie liegt in der wunderschönen Welt IN UNS.
#3 Unbewusstes Gepäck des Reisenden, der ein neuer Mensch werden will
Reisen verändert uns. Zweifelsohne. Doch machte es uns auch nicht zu einem völlig neuen Menschen, nur weil wir ins Flugzeug einsteigen und an exotischen Orten wieder aus.
Du bist immer noch Du. Ich bin immer noch Ich. Und das ist auch gut so.
Alles keine neuen Erkenntnisse, aber manchmal braucht es eine kleine Erinnerung, um sich der Reisebegleiter und deren Gewicht bewusst zu machen. Ich habe gemerkt, dass ich jedes Mal, wenn ich reflektiere und mein eigenes Gepäck durchgehe, danach mit weniger Last und neuer Energie weiterziehen kann.
Ist schon verrückt, was ich mir selbst manchmal auf den Rücken lade und mich wundere, warum meine Energie so einbüßt. Beim Backpacking habe ich sogar den Zahnbürstenhals abgebrochen, um an jedem Gramm zu sparen. Mit emotionalen und unbewussten Lasten ist es zwar nicht ganz so einfach, aber dafür weitaus effektiver als meine Zahnbürstentatik. Werfe also die „Wenn-Dann“- oder „um-zu“-Einstellung ab und reise erwartungs-minimalistisch,
weil dann das Reisen dein Glück noch potenziert.
Und hiermit hätten wir auch schon einen der vielen Gründe …
Warum du Reisen solltest
Die Liste dafür ist zu lang, um sie hier aufzuführen. Kurz gesagt: Reisen macht etwas mit uns. Es verändert uns. Es hinterlässt Spuren. Es lässt uns spüren. Und mit dem passendem Fundament lässt das Reisen uns glücklich sein und persönlich wachsen.
Reise des Reisens willens und nutze es für dich.
Suche auf Reisen nicht nach dem Sinn,
sondern gebe deinem Leben den Sinn, den es für dich haben soll.
Erwarte nicht, dass Reisen dich glücklich machen wird,
sondern arbeite daran, schon heute glücklich zu sein.
Suche nicht nach dem Glück,
sondern erschaffe es dir selbst.
Du hast die Freiheit dafür und das Potential.
Wir können selbst Einfluss nehmen auf unser Leben und Erleben
– und somit auch auf unser Glücklich-Sein.
Für mich ist DAS die größte Freiheit, die wir als Menschen haben.
Größer noch als die Freiheit, die wir auf Reisen finden.
Es ist die Essenz, um (auch auf Reisen) glücklich zu sein.
Ich wünsche Dir, dass du diese Freiheit erkennst und lebst,
Ich wünsche Dir, dass du den schönsten Ort der Welt in dir selbst findest
und bereits auf der Reise dorthin glücklich bist.
Schicke mir gerne eine Postkarte, wenn du dort angekommen bist.
Ich mache mich mal weiter auf den Weg meiner persönlichen Reise.
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DIE GASTAUTORIN
Hallo, ich bin Teresa. Meinen beruflichen Weg würde ich nicht unbedingt als geradlinig bezeichnen. Nach meiner Ausbildung als Industriekauffrau habe ich 1,5 Jahre in dem Beruf gearbeitet und dann einen Neustart gewagt. Ich bin zu neuen Ufern aufgebrochen und wurde Ergotherapeutin. Es war eine meiner besten Entscheidungen – es veränderte einfach alles. Vor allem mich. Ich wusste jedoch, dass ich nicht lange in der „klassischen“ Berufswelt bleiben will und nach weiteren fast 1,5 Jahren im neuen Beruf bin ich in New York gelandet, wo ich für eine Familie mit „Special Needs“ Kindern arbeite.
Es ist wohl keine große Überraschung, dass eine meiner Leidenschaften das Reisen ist. Ich möchte noch so vieles von der Welt entdecken, Orte und Menschen authentisch kennen lernen, unter die Oberfläche tauchen und eintauchen in das Leben. Lebensliebe ist eines meiner Lieblingswörter. Es beinhaltet viele meiner Wertvorstellungen und ist so etwas wie mein persönliches Mantra: Das Leben lieben, in diesem Moment, so wie es ist und offen sein für seine Schönheit. Ich bin daher ständig auf der Suche nach Inspiration und Momenten, die mir ein Strahlen ins Gesicht zaubern. Das ein oder andere von dem, was mir dabei begegnet, werde ich hier mit euch teilen und freue mich auf jeden Austausch mit euch.
8 Kommentare
„Freiheit bedeutet lediglich, dass du nichts zu verlieren hast “ Janis Joplin
So ein wunderbarer Artikel, an den ich bestimmt noch oft denken werde! Vielen vielen Dank dafür!! Ich beginne im Sommer meine erste große Reise und erfülle mir damit einen großen Traum. Dank diesem Artikel werde ich meine Erwartungen an die Reise in einem neuen Licht betrachten und bewerten.
Ein wunderbarer Beitrag- sehr schön geschrieben und sehr wahr! ?
super Artikel!!!
Dankeschön
Danke für deinen Artikel und ich sitze hier gerade in Athen und eigentlich hatte ich gedacht wenn ich wieder Reise werde ich der glucklichste Mensch sein da habe ich wohl falsch gedacht und habe mich gefragt wieso ich nicht so glücklich bin wie ich es erhofft habe dein Artikel hat mir wirklich geholfen danke