Heute berichtet Katrin, vom Shoshone Point am Grand Canyon den ich bei meinem Roadtrip leider nicht gesehen habe. Katrin schreibt für Bloggerszene regelmäßig über News aus der Bloggosphäre und kümmert sich leidenschaftlich gern um interessante Interviews. Und wenn Zeit und Geld übrig ist, versucht sie die USA zu erkunden. Ihr Ziel ist irgendwann einmal, ein Foto eines Nummernschilds aus allen Staaten zu haben.
Ooh Shoshone, du bist so wunderbar. Fangen wir doch mit dem Ende an.
Neulich auf der fast anderen Seite dieser Erde: Zwei Freunde und ich, eine mit Farben spielende Sonne und eine riesige, unüberschaubare, phänomenale Schlucht. Verkrochen an einem der wohl schönsten Punkte dieser Erde: dem Shoshone Point am Grand Canyon. So still, dass man seinen Atem hören kann. So beruhigend, dass der Kopf vollkommen frei ist. So weit, dass man seinen eigenen Augen nicht traut. So mächtig, dass einem die Knie zittern. Ein Bild, welches ich nie vergessen werde. Ich habe Glück, ich durfte es mit meinen eigenen Augen sehen.
Aber ich hatte so etwas noch nie zuvor gesehen. Es war ein Geheimtyp. Der Couchsurfer, bei dem wir in der Nacht zuvor Unterschlupf gefunden hatten, empfiehl uns den Shoshone Point am Grand Canyon, um das einzigartige Erlebnis eines Sonnenauf- und eines Sonnenuntergangs an der südlichen Kante des Grand Canyons zu erleben. Es war besiegelt, dass wir diesen Punkt finden mussten. Glücklicherweise lieh uns unser Host seine Campingutensilien, denn wir würden die Nacht für dieses Naturschauspiel im Kaibab Forest im Grand Canyon Nationalpark verbringen.
Auf nach Kaibab
Als Europäer muss ich gestehen, hatte ich noch nie das Vergnügen einen echten Canyon zu sehen. Und dann beim ersten Mal gleich den größten freiliegenden Canyon dieser Erde zu sehen, fühlte sich einfach umwerfend an. Unser Auto kutschierte uns zunächst am Rande des Canyons entlang. Wir stoppten an fast jeder Haltebucht. Unglaublich, aber man kann sich einfach nicht satt sehen, auch wenn die nächste Bucht ca. 30 Meter weiter den fast selben Anblick bietet.
Es ist tatsächlich erlaubt durch einen großen Teil des Grand Canyon National Parks zu fahren. Eine Straße – der Desert View Drive – führt die gesamte südliche Kante entlang, von der man allerdings nur den östlichen Teil mit dem Auto selbst befahren darf. Die westliche Seite kann zu Fuß, per Rad oder mit einem der zahlreichen Shuttle-Busse des Parks erkundet werden.
Unser Abenteuerpegel stieg auf 180, als wir das Information Centre des Grand Canyon Villages erreichten und herausfanden, dass wir vollkommen frei und wild irgendwo im Kaibab Forest campen durften. Allerdings riet man uns, unser Auto mit den Fressalien ein paar Hundert Meter vom Zelt entfernt abzustellen, um die Bären im Wald nicht in Versuchung zu bringen, vielleicht auch an uns zu knabbern. Bären haben eine sehr sensible Nase, wenn es um Futter geht. Bereits auf mehreren Hundert Metern können sie Fressbares erschnuppern.
Das ständige Anhalten brachte uns zeitlich etwas in die Bredouille, denn immerhin mussten wir noch einen geeigneten Platz für unser Zelt finden. Wir fuhren also bis zur Kurve, in der der dritte Baum fünf Zacken mehr hat als alle anderen und die Lärche nachts viel schöner singt. So oder so ungefähr war jedenfalls die Beschreibung der Dame im Visitor Centre. In Nicht-Träumer-Worten heißt das soviel wie, dass wir in einen Feldweg abbogen, der uns tief in den Kaibab Forest führte. Es war einsam. Keine anderen Camper, zu denen wir uns hätten gesellen können, hatten irgendwo ihr Lager aufgeschlagen. Also fuhren wir zunächst weiter bis wir an einen Turm kamen. Dieser war mit einem einsamen Ranger besetzt, der praktisch den ganzen Tag Ausschau hielt, ob sich die Waldbrände in weiter Ferne wohlmöglich ausbreiteten. Und weil es auch die einzige Person weit und breit war, fragten wir ihn nach einer guten Campmöglichkeit. Er bestand darauf, dass „simply everywhere fine“ wäre. Also fuhren wir noch ca. 500 Meter weiter – einmal um die Gewissheit zu haben, dass wir in der Not einen Ansprechpartner hatten, andererseits aber auch, um einen sicheren Abstand zu haben, da wir nicht genau einschätzen konnten, ob ihn die Einsamkeit dort nicht ein wenig wunderlich gemacht hatte.
Als wir es dann nach zwei Stunden endlich geschafft hatten unser Zelt aufzubauen, brausten wir zurück zum Desert View Drive, um den Shoshone Point am Grand Canyon zu finden. Es war eine Fahrt ins Ungewisse. Die Zeit war bereits voran geschritten. Jeden Moment konnte die Sonne untergehen. Allerdings konnten wir leider nicht einschätzen, wie weit der Shoshone Point am Grand Canyon noch entfernt war. Aber wir hofften das Beste.
Der Shoshone Point am Grand Canyon und niemals zurück
Und tatsächlich hatten wir Glück. Abermals fanden wir die Kurve, in der sich Elch und Präriehund gute Nacht sagen und die Äste der Bäume noch etwas verästelter sind als im Rest des Parks. Das gab ein ultimatives High Five, denn wir wussten, wir hatten es geschafft. Der 1,6 km lange Pfad zur Kante des Canyons konnte uns nun nichts mehr anhaben. Im Gegenteil war es ein erhabenes Gefühl, wie in einem dieser Paramount Filme, wo sich die Kamera im Vorspann über Berge und Wolken erhebt.
Ich weiß nicht genau. Es gibt eigentlich keine passenden Worte, die der Szenerie ebenbürtig sind. Der Shoshone Point am Grand Canyon bietet einen 180° Blick auf den Grand Canyon. Man befindet sich praktisch auf einer Landzunge, die direkt in den Canyon ragt. Wenn man dort sitzt, ist man mitten im Geschehen. Mehr geht einfach nicht. Der Blick in die Ferne macht Hirn und Mund sprachlos. Hinten liegt der Horizont, aber dahinter, da geht es noch weiter. Hier wird einem Europäer die Größe des Grand Canyons wenigstens ansatzweise klar.
Definitiv besser als Fernsehen
Wer am Grand Canyon noch das I-Tüpfelchen miterleben will, sollte für einen Sonnenunter- bzw. einen Sonnenaufgang nach Shoshone pilgern. Denn kurz nachdem wir uns dort niederließen, ging sie unter, die Nährquelle unseres Lebens. Live und vor allem in Farbe. Definitiv besser als Fernsehen. Jede Sekunde tauchte der sinkende Feuerball den Canyon in neue Coleurs, sodass die einzelnen Facetten des Canyons immer wieder neu betont wurden. Jeder Moment war schön, jeder Moment war einzigartig. Und diese einzigartigen Momente hat auch Helene Branco in einem Gedicht beschrieben:
Sonnenfunken,
Feuertrunken zucken blitzend durch den Himmel,
geisterhaftes Lichtgetümmel!
In den blauen
Äthersauen gleich Unendlichkeitsgedanken,
ries’ge Wolkeninseln schwanken.
Eine Erde im Verglühen! Leises Singen,
weiches Klingen tönt hernieder aus den Fernen,
Abendlied den Abendsternen.
Die Intensität dieses Anblicks brennt sich für immer ein. Nun glaube ich Schriftstellern wie Bill Bryson, dass diese Szenerie einfach unbeschreiblich ist, egal ob man sie als Kind oder als Erwachsener zu sehen bekommt. Die Weite, das Licht, die Stimmung. Dem Wind zu lauschen, der den Canyon durchdringt. Alles Faktoren, die diese Schlucht zu einem Naturwunder der Extraklasse machen. Eigentlich kann ich nur noch eins hinzufügen: Hinfahren, mit eigenen Augen sehen und für immer von diesem Bild zehren.
Sonnenuntergang am Shoshone Point am Grand Canyon – WAHNSINN!
Habt ihr auch Geheimtipps? Dann schreibt sie mir doch bitte! Ich kann euch verraten, der den Shoshone Point am Grand Canyon liebt, der wird Death Valley oder das Colorado Monument auch lieben!