Alle Jahre wieder ist es soweit. München verwandelt sich für zwei Wochen in einen Ausnahmezustand. Nur zwei Wörter und alles ist klar: „O’zapft is.“ Die Wiesn ist eröffnet und ich komischerweise dieses Jahr in einem absolut euphorischen Zustand. Liegt es vielleicht daran, dass ich den Festivalentzug vom letzten Jahr nicht so gut verkraftet habe? Normalerweise habe ich es immer nur einmal bis höchstens zweimal geschafft, körperlich und psychisch, das Oktoberfest zu besuchen. Dieses Jahr wage ich mich an die magische 7. 7 Mal werde ich den heiligen Boden der bayerische Feierkultur betreten. Nach kurzen Startschwierigkeiten ging es gleich am ersten Tag voller Karacho los.
Wer Regeln für das Oktoberfest aufstellt, der sollte sich eigentlich auch daran halten. Es ging jedoch alles viel zu schnell … Um 18 Uhr am ersten Wiesnsamstag bin ich erst am Flughafen München gelandet. Ich war ein paar Tage in Griechenland um einen Imagefilm für den Robinson Club zu drehen. Schnell nach Hause, Tracht anziehen, Jägerhut aufsetzen, für das Haareflechten war keine Zeit mehr, und los. Und da ist mir doch schon der erste Fehler unterlaufen. Ich war noch nüchtern. ERROR! Der Sprung von der idyllischen Insel Kos, auf der ich noch vier Stunden vorher im Pool geplanscht habe, in das Becken der Volltrunkenen war einfach zu groß. Ich gebe zu, die ersten 30 Minuten auf dem Oktoberfest weiß man gar nicht, was man da soll und wie man sich das antun kann. Doch wenn man diese 30 Minuten überstanden hat, geht es steil bergauf. Ich habe die ersten 30 Minuten damit verbracht meine Begleitung im Biergarten zu suchen, mir spanische Besucher vom Ohrläppchen fern zu halten und Bedienungen mit Trillerpfeifen auszuweichen.
„Sorry, are you from Munich?“
„Yes.“
„In which tent can we go tonight.“
ERROR
Gar keins. Es ist Samstag und Eröffnungstag, die Zelte sind brechend voll, die Biergärten sind brechend voll, die Bumswiese hinter den Zelten ist brechen voll und die Besucher sowieso.
„None.“
„Mh, ok than let’s make out a little bit.“
Äh.. nein? Der überhöhte Alkoholkonsum verleitet zum Größenwahn. Als ob ich einfach so mit irgendeinem Inder rumknutschen würde, nur weil er nicht mehr ins Zelt kommt. Ich lehnte nicht dankend ab und suchte weiter. Der zweite Fehler ist mir auch schon wieder unterlaufen. Ich habe keine idiotensicheren Koordinaten für einen Treffpunkt angegeben und natürlich hat man keinen Empfang auf der Wiesn. Also irre ich umher und merke, das die sexuellen vibrations heute ganz schön hoch sind. Mit sexuellen Vibrationen meine ich viele knutschende Menschen ob Frau-Frau, Frau-Mann oder Mann-Mann, die ihre Hände schon an nicht ganz jugendfreien Stellen haben und das schon um 20 Uhr. Nach 30 Minuten Spießroutenlauf habe ich meine Begleitung gefunden, nach 45 Minuten das erste Bier getrunken, nach 90 Minuten das zweite und dann hat der Größenwahn auch mich gepackt. „Lass uns versuchen ins Zelt zu gehen.“, versuch ich die anderen zu überreden. Der Größenwahn packt alle und unglaublich aber wahr, vor dem Eingang standen zwei Urbayern in Tracht, die vier von uns mit ihren Bändchen ins Zelt geschleust haben. Kurz zur Erklärung, warum das ein Wunder ist. Am Wiesensamstag, dem Eröffnungstag, kommen nur Leute mit Reservierungen in die Zelte. Alle Reservierungen bekommen ein Bändchen. Nur ein paar Idioten, die sich schon um 6 Uhr früh vor das Zelt stellen, dürfen auch ohne Bändchen rein. Ansonsten geht nichts. Schon gar nicht um 20 Uhr. Jetzt waren vier von uns drinnen und zwei draußen und ich habe zum ersten Mal in meinem Leben versucht mit meinen großen Bling Bling-Augen und dem Dirndldekoltee die Lage zu retten, indem ich zum Security gegangen bin und ihn vollgelabert habe. Normalerweise hasse ich so etwas, aber zu was man nicht alles im Größenwahn fähig ist …
Hier eine kleine Anleitung, wie man am besten versucht einen Oktoberfest Security zu bestechen. Ich dachte echt nicht, dass das klappt.
1.Mit großen, feuchten Kulleraugen auf ihn zugehen und ihn darauf hinweisen, dass von der Gruppe schon vier im Zelt sind und noch zwei draußen stehen.
Wird ihn erst einmal wenig interessieren.
2.Ihn ganz verzweifelt Fragen, was man denn jetzt machen soll?
Es wird keine Lösung von ihm kommen.
3.Ihm die hochdramatische Situation schildern. Die wie folgt erfunden ist: Wir haben kein Bändchen, weil wir zu den Idioten gehören, die schon seit 7 Uhr im Zelt sind und jetzt haben zwei Freunde von uns den falschen Ausgang zum Rauchen genommen und sind draußen und wir drin.
Die Geschichte wird ihn immer noch nicht interessieren. Die hat er sich schon 1000 Mal gehört, aber er hört es sich wenigstens an.
4.Ein paar Minuten mit Schmollmund und ratlosen Blick neben ihm stehen.
Er wird es ignorieren.
5.Noch einmal Fragen, was wir denn jetzt tun sollen?
Er wird immer noch keine Lösung haben, aber langsam genervt sein.
6.Scherzhaft fragen, ob man ihn bestechen kann. Das war wirklich ein Scherz. Ich hatte einfach Lust noch ein bisschen mit ihm zu plaudern, bevor ich aufgegeben hätte.
Er wird die Frage erst einmal verneinen und nervös an seinem Red Bull nuckeln.
7.Immer noch neben ihm stehen bleiben und anfangen zu fluchen, wie dumm die anderen doch sind und den falschen Ausgang zum Rauchen genommen haben. Dann feststellen, dass durch den Eingang ganz viele Menschen ohne Bändchen kommen und ihn fragen, wie das sein kann?
Er nuschelt irgendwas von 2 x 20.
8.Ich checke erst gar nicht was er will.
Dann wiederholt er: Für 2×20 kommen sie rein. Hä, wie? Ich frage nach: Wenn 2 x 20 Leute rausgehen, dürfen sie rein? Das finde ich eigentlich recht logisch. Man muss ja immer an die Sicherheit im Zelt denken. Dann nuschelt er aber irgendwas von Euro. Oh mein Gott. Man kann ihn doch bestechen. Das war eigentlich wirklich ein Scherz. Ich hole 20 Euro aus dem Geldbeutel und drücke sie ihm in die Hand. „Ne, 2 mal 20.“ Ach scheiße stimmt. Das fand ich dann aber schon ein bisschen Wucher.
9.Anfangen zu Handeln. Ich kam mir kurzzeitig vor wie auf einem türkischen Bazar und nicht dem Oktoberfest, aber ich bin ziemlich gut im Feilschen, habe ich von meinem Papa, und bekomme ihn auf 30 Euro runter.
10. Dann stecke ich ihm die Kohle unauffällig in die Tasche, er winkt meine zwei Freunde rein und ich freu mich einen Ast ab. Ich habe einen Oktoberfest Security bestochen! Und das eigentlich ganz unabsichtlich und dann noch zum Schnäppchenpreis. 30 Euro waren wirklich ein guter Preis. Soviel zahlt man ja in jeder Disko an Eintritt. Dann war auch noch direkt ein Tisch frei und der Wahnsinn ging los. Tischnachbarn aus Chicago, ein Ire, der sich einmal längs über den Tisch gelegt hat und „no woman no cry“ von der Blaskapelle. Das ist das Oktoberfest. Der pure Wahnsinn. Zum Schluss saß noch ein Pärchen bei uns am Tisch, die ihre sexuellen Vibrationen nicht mehr unter Kontrolle halten konnten und sie mächtig mit ihren Händen in seiner Lederhose am werkeln war. Aber ich fand es in der Ecke am Tisch ja fast dezenter als auf der Bumswiesen hinterm Zelt. Vielleicht sollte das auch mal ein Post werden: 10 Plätze an denen man auf dem Oktoberfest Sex haben kann. Wie auch immer, wenn die nächsten sechs Tage auf dem Oktoberfest so ereignisreich sind wie der heutige, dann dürft ihr euch noch auf einige skurrile Stories freuen! Bis dahin Prost und eins, zwei G’suffa!
29 Kommentare
Ein Prosit! Schöner Bericht und es steigert meine Vorfreude auf Mittwoch -> Hippodrom :).
Des is aber ke schöns Zoilt
lustig!
es gibt übrigens für jedes Zelt auch einen bestimmten Code am Hintereingang. Wenn man den weiß und sagt, öffnen sich die Türen in die heiligen Hallen. Sehr hilfreich. Plus: man fühlt sich so verdammt cool ;)
Und wo bekommt man den Code her?
Alter Schwede – enthüllungsgeschichten Live vom Oktoberfest! Und dami mein ich nicht nur die Dekolletés:D hätte nicht gedacht, dass die Bestechung zu dem schmalen Kurs klappt. Ein Prosit auf die Wiesn!
Haha, ja mein Ausschnitt ist eher dezent … Ich brauch unbedingt so einen krassen Dirndl-BH mit 5-fach Polsterung ;)
Hahaha total lustige Geschichte :D
Haha dreißt muss man sein und darf es beim Oktoberfest ja auch :) Wär ich ein Security hätten die Mädels bei mir wohl leichtes Spiel. Als Mann hat man es glaub ich um einiges schwerer, vor allem wenn man den Kulleraugen Trick nutzen möchte :P
JA, deswegen wurde ich auch vorgeschickt ;)
Lachmichschlapp :D … 40, 30, b´stocha! ;-) Neue Maschen braucht das Land :-)
haha :D ja das ist die Wiesn, aber das man die bestechen kann wusste ich noch gar nicht^^ ich habs mal geschafft einen Security mit künstlichen Tränen zu bestechen, das war auch sehr nice! hört sich nach nem guaden ersten wiesn samstag an :-)
Ja, man lernt jedes Mal was neues dazu! Ihr müsst mal alle in das Teufelsrad!!!!
das versuche ich auch jedes Jahr erneut herauszufinden. Ist jedes Mal ein Neuer, mir wurde der mal über einige Ecken zugesteckt.
Aber Bestechen klappt ja anscheinend auch ganz gut :)
Es haben auch schon Security Leute ihre Jobs verloren, weil sich zu lange Schlangen an ihrem Ausgang gebildet haben. Aber gibt ja noch mehr / bessere Wege in’s Zelt…
@ Christine: Teufelsrad = beste :)
Ha! Habs sogar ohne Bestechungsgeld geschafft :) Aber Punkt 1 bis 5 war EXAKT gleich.
Und was ist dann bei dir passiert?
Auf Einladung muss ich da leider durch ;) – Wobei ich am Liebsten das leckere Augustiner aus dem Holzfass trinken würde.
Hallo Christine,
ein toller Bericht, ich hab herzhaft gelacht! Es ist doch a Wahnsinn: Das Oktoberfest hat einmal als kleines Volksfest im Rahmen einer royalen Hochzeit angefangen – und jetzt wird man weltweit, sobald man sich als Deutsche outet, neben Hitler, der Berliner Mauer und Bratwurst nach den Wiesn gefragt! Wo wird dieses Fest noch hinführen?! Auf jeden Fall ist die Fleischbechau dort heute noch immer eine Volksbeslustigung! :)
Ja, ich mag es. So wie es ist und je nach Zelt, kann man auch einen schönen, traditionellen Abend haben :)
Ich hab gerade deine Story mit dem Security-Mann gelesen und es kam mir mehr oder weniger bekannt vor. :D
Meistens ist es so, dass sie zwar sehr unbestechlich und unbarmherzig wirken, aber dass ist ja ihr Job, im Grunde bekommen sie auch ein schlechtes Gewissen, wenn sie einem verzweifelten Mädchen mit Kulleraugen etwas ausschlagen. :D
Ein bisschen Hartnäckigkeit hat bis jetzt immer geholfen. :p
Ich probiere das nächstes Jahr nochmal ;)
Als hübsche Frau hat man da eindeutig die besseren Argumente auf der Wiesn… ;-)
Haha :)
Hättest ihm einen geblasen, hättest wahrscheinlich umsonst reinkommen können ;)
oh was für eine grandiose Idee…
Naja werden wahrscheinlich auch so einige machen oder ? Man hört, dass dies immer wieder so praktiziert wird. Wäre ja eine Möglichkeit ..